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Freitag, Jänner 26, 2007

Und täglich grüsst der Bernadiner

Mit Buchhaltung verbindet mich eine ganz besondere Beziehung. Ich weiss nicht mal wie man das nennen kann. Sie scheint mich zu verfolgen, seit ich das erste Mal überhaupt davon gehört habe. Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, in dem ich das Wort "Kreditoren/Debitoren" zum ersten Mal hörte. Ich war 15, und bis zu dem Zeitpunkt hervorragend durchs Leben gekommen, ohne die geringste Ahnung von dem Thema.
Aber dieses Leben war in just dem Moment vorbei. Kurze Zeit später begann ich nämlich meine KV-Lehre, und da war Buchhaltung plötzlich an der Tagesordnung. Nicht im Geschäft - nein, nur in der Schule. Was einen Praxisbezug für mich sehr erschwerte. So sehr erschwerte, dass ich Buchhaltung zu meinem erklärten Hass-Fach machte, nie, aber auch gar nie einen Finger dafür krümmte, und schliesslich mit Ach-und-krach doch die Abschlussprüfung bestand. Danach stand für mich fest: Nie mehr was mit Buchhaltung!!!
Ich ging zu Novartis, und war unter anderem für die Rechnungsstellung und -Bezahlung zuständig. Naja. Wenigstens sehr praxisbezogen, damit konnte ich leben.

Kaum ein Jahr später begann ich mein Studium. Schon in der ersten Woche machten die Ernst, und zogen die angedrohten BEBU-Lektionen gnadenlos durch. Mein Dozent schien direkt aus der Militärschule zu kommen, und ich verbrachte die Stunden mit verzweifelten Überlegungen, wie ich mich durch die Prüfung bringen sollte. Aufpassen und mitmachen wäre auch eine Möglichkeit gewesen, aber nicht für mich. Ich blieb stur und flog hochkant durchs Buchhaltungs-Vordiplom. Aaaahh, Niederlage, das schmerzte!! Im zweiten Anlauf kalkulierte ich besser, lernte das absolute Minimum und kam durch. Doch die Show war noch nicht verbei, nicht im Geringsten. Sie ging in eine neue Runde, und damit zu einem neuen Dozenten. Wenn ich mich bisher vor der Teilnahme im Unterricht drücken konnte (ich hatte mir extra einen äusserst grimmigen Blick angeeignet, mit dem ich die Dozenten dazu brachte mich nicht mal anzusehen) - das nützte beim Neuen überhaupt nicht. Er war dermassen motiviert, dass es selbst für mich zum Genuss wurde, ihm beim herumfuchteln zuzusehen. Ich bekam ein bisschen was von BEBU mit, und der grimmige Abschreck-Blick wich einem irritierten "was hat er jetzt mit diesen Zahlen gemacht??"-Blick. Er seinerseits kriegte mit, dass ich doch kein hoffnungsloser Fall zu sein schien, und versuchte mich enorm zu fördern.

Er schien so enthusiastisch, und prophezeite mir stets eine genügende Note, dass ich mich klemmte und ein bisschen lernte. Wieder bestand ich, und seine Freude darüber war ungefähr so gross wie meine eigene.

Ein Jahr später musste ich meine Diplomprüfungen schreiben, inkl. natürlich Buchhaltung. Wieder kam dieser Dozent auf mich zu, und holte motivationsmässig das Beste aus mir raus. Mit Ach-und-Krach bestand ich auch dieses Mal, hatte danach jedoch einen Nervenzusammenbruch vor lauter Erleichterung, mich nie, NIE mehr mit dem Thema quälen zu müssen.

Vor zwei Wochen erhielt ich ein Mail von meinem Dozenten. Er schrieb unter anderem, dass er ein neues Buchhaltungs-Buch verfasse, und damit natürlich sehr beschäftigt sei. Ich schrieb zurück, sagte als Witz, dass ich das Buch ja dann testen könne. Das unausgesprochene "haha" dahinter hätte mindestens Schriftgrösse 72, extra bold verdient. Er jedoch fand die Idee fabelhaft. Beim Treffen zum Besprechen der Details sagte er zu mir: "Wissen Sie, ich fand das immer so toll, wie Sie sich Mühe gegeben haben - Sie sassen da in der ersten Reihe und haben geguckt wie ein junger Bernadiner!"

Hundeblick hin oder her - es sieht ganz so aus als würde ich die Grundzüge der Buchhaltung doch noch lernen. Und werde erst noch dafür bezahlt, dieser Punkt wirkt sich erwartet positiv auf meine Motivation aus.