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Dienstag, März 27, 2007

Von Picasso gemalt oder vom Leben gezeichnet?

Ich hatte heute die Ehre einen Vortrag der Bestseller-Autorin Sonja A. Buholzer besuchen zu dürfen. Thema: Shark Leadership – was wir vom Tauchen mit Haien und von Haien selbst lernen können.
Das Prinzip ist folgendes: Wenn wir uns trauen, uns unseren Ängsten zu stellen, können wir unsere Grenzen neu definieren. Um das zu erreichen, müssen wir aber in Todeszonen vordringen (na so was, das kommt mir doch schwer bekannt vor …).

Haie sind nicht die Monster, die wir oft in ihnen sehen. Sie sind elegante, majestätische Lebewesen. Den Menschen um ein vielfaches überlegen, denn nicht umsonst haben sie seit 400 Millionen Jahre überlebt. Die Könige der Meere, die diesen Status unter anderem erreicht haben, weil sie sich voll auf ihre Sinne verlassen. Sie spüren Angst nicht nur, sie nehmen sie als elektronischen Impuls wahr. Sie riechen Blut in milliardenfacher Verdünnung über grosse Distanzen, und sie hören selbst das Zappeln anderer Fische. Nichts entgeht ihnen, und sie wissen schon Bescheid, bevor sie am Platz des Geschehens angekommen sind. Was ein sichere Auftreten schwer erleichtert. Klar, diese Eigenschaften haben das Prädikat "erstrebenswert" mehr als verdient. doch ist die Umsetzung nicht so einfach.

Die Entscheidung mit Haien zu tauchen und sich damit möglicherweise der Todesangst auszusetzen, liegt bei jedem allein. Mit grosser Wahrscheinlichkeit macht man das, und kehrt geläutert davon zurück. In den Worten von Sonja Buholzer: Man hat die Sehnsucht nach dem Sinn des Lebens wieder entdeckt, und kehrt als Menschen-Hai zurück. Bereit, auf andere Menschen so zuzugehen, wie man es wirklich möchte. Nein zu sagen, wenn man nein meint, und ganz Carpe-Diem gemäss sein Leben umsetzt. Schön und gut – doch man beachte mal, dass längst nicht alle Menschen an den Umgang mit Haien gewöhnt sind. Dass die Erscheinung noch öfters Panik auslöst, statt Faszination und Unterstützung. Wenn jetzt also so ein geläuterter Menschen-Hai, vor innerer Kraft und Überzeugung fast strahlend, auf andere Menschen zutrifft – dürften die sich vor Angst fast in die Hosen machen und fluchtartig das Weite suchen. Zumindest sinnübergreifend. Wie geht man denn damit um? Wieder, in den Worten von Frau Buholzer: Never ever give up. Steh wieder auf, wenn Du auf den Boden gefallen bist. Und wieder, und wieder, und wieder! Walt Disney soll 1000 Kreditanfragen geschrieben haben, bevor er seine Vision von Disney-World realisieren konnte. 1000 mal wieder aufgestanden. Der wusste wirklich, wofür er gekämpft hat! Finde ich im Grunde genommen auch wieder sehr gut, nur - das muss ziemlich viele Beulen und vielleicht auch Narben zurückgelassen haben. Passt nicht ganz zu Frau Buholzer's Aussage "wir wollen aussehen wie von Picasso gemalt, nicht wie vom Leben gezeichnet!"
Genau diese Problemstellung habe ich mir während meines Studiums oft überlegt. Der Boxer im Ring steckt Schlag um Schlag ein, steht aber immer wieder auf. Er kann einfach nicht aufgeben und gewinnt schlussendlich den Kampf. Einige Tage später stirbt er an einem Blutgerinsel in seinem Kopf. Was hat er dann noch von seinem Pokal?? Kann man beides erreichen? Einerseits, die sensationellen Fähigkeiten von Haien zu übernehmen und in den Alltag zu integrieren, andererseits möglichst NICHT 1000 Mal in die Knie gehen dafür?

Ich wollte die Frage stellen, doch ich hörte die Antwort schon in meinem Kopf, bevor ich auch nur ein Wort gesagt hatte: Individualität. Mal Hai, mal Katze …

Menschen sind fragil und können zerbrechen. Ich weiss nicht wie Walt Disney das durchgehalten hat in der Zeit des Wartens auf seinen Kredit. Ich weiss nicht wie er es geschafft hat, so sehr an seine Vision zu glauben dass er selbst nach 999 Kreditanfragen nicht aufgegeben hat, sondern eben die 1000-ste geschrieben hat. Ich könnte ihn mir zum Vorbild nehmen, doch meine sharky-intuition sagt mir: es gibt einen einfacheren Weg, an mein Ziel zu kommen! Einen, auf dem ich sehr wohl auch kämpfen muss und will. Aber auf dem ich nicht verzehrt werde, sondern einigermassen unversehrt am Ziel ankomme und es so auch geniessen kann.

Nicht nur Haie haben erstrebenswerte Eigenschaften. Ebenso Adler, Frettchen, Katzen, etc. Alle Tiere. Wir müssen zu Formwandlern werden, wenn wir nicht den grössten Teil unseres Umfeldes (und uns selbst) komplett vor den Kopf stossen wollen. Der eine reagiert besser auf eine Schlange als auf einen Hai, andere reagieren besser auf Katzen. Das hat nichts mit sich selbst untreu werden zu tun. Sondern mit einer sanfteren Erreichung der persönlichen Ziele. Wir sind keine Haie, die Rückschläge wegstecken und einfach so ohne mit der Wimper zu zucken vergessen (abgesehen davon dass sie keine Wimpern haben, vielleicht ist das der springende Punkt.) Wenn Du in einem Moment ins kalte Wasser gestossen wirst – werde zum Hai. Wenn dir im nächsten Moment der Boden unter den Füssen weggerissen wird, schwing die Flügel und werde zum Adler. Und am Ende des Tages, zurück in der sicheren Höhle, fresse und schlafe wie eine Katze. Animal leadership statt Shark leadership!