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Freitag, April 20, 2007

Nägel mit Köpfen

An Board des Schiffes waren 14 Passagiere und 9 Crewmitglieder. von diesen 23 Personen waren genau 6 Frauen.
Drei davon vergeben (verheiratet oder in Beziehung), drei Singles.
Eine war altersmässig uninteressant für die meisten Männer, die andere hatte die Schnauze von Männern allgemein gestrichen voll.
Blieb also noch eine einzige Frau übrig, die nicht sofort die Schotten dicht machte, wenn man ihr auch nur schon "guten Morgen" wünschte. Diese Frau war ich.

Nachdem meine wasserdichte Digitalkamera nach 10 Minuten (grosszügig aufgerundet) unter Wasser den Geist aufgegeben hatte, hatte meine Reise ihren ursprünglichen Sinn relativ schnell verloren. Also las ich mein fürchterlich langweiliges, sinnloses und erst recht noch rassistisches Buch mit dem verheissungsvollen Namen "Mörder ohne Gesicht" in praktisch einem Zug durch, immer in der Hoffnung dass es doch noch eine überraschende Wendung machen, und die Geschichte plötzlich ganz viel Sinn machen würde. Genauso gut könnte man auf Palmen in der Antarktis hoffen – gleiche Eintrittswahrscheinlichkeit.
Nachdem ich, nichts desto trotz, das Buch gefressen hatte, fing ich an Arabisch zu lernen. Die Männer der Crew waren begeisterte Lehrer, und ich eine nicht ganz unbegabte Schülerin. So ergab es sich sozusagen automatisch, dass ich intensiv Zwischenmenschliche Beziehungspflege betrieb. Völlig gefahrlos, denn die meisten der Crew-Mitglieder waren zwar am flirten wie die Weltmeister, aber glücklich verheiratet. Und die wenigen, die's nicht waren, konnten kein Englisch.
Einer von diesen unverheirateten nicht-englisch-sprechenden war der Hilfskoch. Immer waaaaaaahnsinnig süss lächelnd, sagte aber nie auch nur ein Wort. Er kam mir richtig schüchtern vor, vor allem im Vergleich mit den andern.
irgendwann sass ich mal vorne auf dem Bug, meinem Stammplatz, und einer der andern kam zu mir. "Du wolltest mit mir reden?"
Ich war etwas verdutzt und verneinte. Dann schien er sich zu erinnern, dass er mich mit jemand anderem verwechselte und flitzte davon. Um Sekunden später mit dem Hilfskoch wieder aufzutauchen. Der sich neben mich setzte, und dem Flitzer bedeutete, er solle anfangen zu sprechen. Ich dachte "oh, cool, mal ein bisschen was über den süssen Kerl erfahren, unsere erste Unterhaltung!" und der Flitzer sagte: "Mahmut möchte wissen, ob Du ihn heiraten möchtest".
Tschakkabooooom! Ja Sakrament! Warum auch Zeit verschwenden mit Smalltalk???

Am liebsten wäre ich über Board gegangen. Ging aber nicht, und so setzte ich an zu einer langen Erklärung über andere Länder, andere Sitten. Mit dem Ergebnis, dass ich jetzt nicht verlobt bin. Allerdings hatte Mahmut sein Revier offenbar den andern klar mitgeteilt, denn keiner ausser ihm machte mehr auch nur den Versuch, mit mir zu flirten.

Heute über Mittag kam die Diskussion auf, ab wann man zusammen ist. Ja, ab wann denn?! Es gibt äusserst verschiedene Ansichten darüber, trotz gleiches Land und gleiche Sitte. Was ist denn in dieser speziellen Sache genau üblich? Sagt denn Knigge nix dazu? Ich muss sagen, da haben die Araber uns was voraus, dort sind die Fronten schon geregelt, bevor man auch nur ein Wort miteinander gewechselt hat :-)