Diplomarbeit zum ersten
Am Montag hab ich meine Diplomarbeit angefangen. bzw. haben wir, denn ich mach sie nicht allein. Wir sind Isabel und ich (Isabel, nicht Isabelle, weil das zusätzliche -lle würde den Namen aus dem Gleichgewicht bringen).
Unser Thema: Ein Kommunikationskonzept für die Fachhochschule Aargau, Departement Technik, oder wie sie sich jetzt nennen: FHNW Hochschule für Technik. fine.
Unser Plan: eine Analyse machen. herausfinden was das Problem ist. gibts überhaupt ein Problem? Statement des Auftraggebers: Wir haben ein Problem, aber wir wissen nicht welches!
hmm hmm.
Nun, zwei Tage später, sind wir immer noch an der Analyse. wir haben viiiiiiiiiiiiel geredet. viiiiiel gelacht. sind shoppen gegangen, haben Renzo Blumenthals-Stimm double getroffen, haben Kaffee getrunken im Tschibo, haben alle existierenden Model-Fotos im Internet angeguckt und abgelästert, wie fest die wohl bearbeitet sind, wir sind die ganze Zeit am essen, (neuer Spleen: hauptsächlich Früchte und Gemüse, von dem her ists nicht so schlimm, aber trotzdem könnte man das Verhalten als auffällig bezeichnen ... es gibt Leute, die essen aus Langeweile, .... ), wir haben e-mails geschrieben, mit Freunden telefoniert, SMS-Bomben losgelassen, diskutiert ohne Ende, wir haben unser Schulzimmer vermenschlicht (es war einmal ein kalter, kahler Raum. der ist jetzt nicht wiederzu erkennen, denn jetzt gibts darin Duftkerzen, Ersatzkleider, chaotisch angeordnete Unterlagen auf den Schreibtischen, massenweise Vorräte an Nektarinen und Äpfeln, die verschiedensten Getränke, etc.). Wir haben uns nackt ausgezogen und Yoga gemacht, wir haben Leserbriefe an die Schweizer Illustrierte geschrieben, wir haben unseren Ausflug in den Europa-Park geplant, haben Sprachanalyse betrieben, uns unser nächste Studium ausgewählt und uns eingehend darüber informiert, und weiss ich was wir sonst noch gemacht haben. jedenfalls kommt es mir nicht vor, wie wenn wir erst seit drei Tagen dran sind.
Der bisherige Höhepunkt war aber ganz klar unser Ausflug nach Baden gestern. Isabel will noch ein Tattoo, also haben wir ein Renzo-Blumenthal-Sprach-Double aufgesucht. Für alle Tattoo-interessierten, er hat sein Studio in Baden, und man muss NICHT den Beate-Uhse-Eingang benutzen, sondern ums Haus rum in den Keller.
Da Renzo 2 gerade in der Mittagspause war, als wir auftauchten, fühlten wir uns fast genötigt, shoppen zu gehen in der Zwischenzeit. Unter anderm hab ich einen KaputzenPulli gekauft (kann man schliesslich immer brauchen) ohne ihn anzuprobieren. es war einfach zu heiss dazu.
Dann hab ich mir noch einen Linsensalat gekauft, und damit auf meine Coolheit gepfiffen. Denn ich bins mir schon gewohnt, wenn ich Linsen esse, sinke ich in der Gunst meiner Mitmenschen auf ein Minimum - die wenigsten verstehen, wie man etwas essen kann, dass SO aussieht. Ich verstehe, dass sie's nicht verstehen.
Anyway, ich hab sie gern, also hab ich ohne grossen Hemmungen in Renzo 2's Studio *sitz* gemacht, meinen Salat gegessen und war uncool und zufrieden, während Isabel sich mit dem Meister über erogene Zonen unterhalten hat (dort pieksen Tattoos beim stechen nämlich am schlimmsten). Sie will eins auf dem Handgelenk innen ...
Als ich meinen Linsensalat fertig gegessen hatte, kam Leben in mich, und ich kam auf die Idee, mal meinen soeben gekauften Pulli anzuprobieren. Als ich drinsteckte sagte ich nur: "lueg, wie findsch?" - klar, dass ich Isabel damit meinte! Aber bevor sie reagieren konnte, polterte Renzo 2 "gseht guet uus!". Damit war das Eis zwischen uns gebrochen. Zwar blieb ich brav auf meinem Bänkli neben den Zeichnungen mit den ganzen Sensemännern drauf sitzen, und sagte so wenig wie möglich, aber Renzo 2 gab sich die allergrösste Mühe, mich gleichwertig ins Gespräch mit einzubeziehen. vielleicht war's der leichte Gerch von Gras, oder vielleicht auch die Linsen, vielleicht Isabel's Gesichtsausdruck, jedenfalls, plötzlich konnte ich mich fast nicht mehr beherrschen vor lachen.
Als wir schliesslich aus dem Laden draussen waren, hätte man meinen können wir hätten Lachgas oder so was inhaliert.
Trotzdem trieb uns unser schlechtes Gewissen so schnell wie möglich zurück an die Diplomarbeit, zumindest um den guten Schein zu wahren.
Back in Brugg suchten wir unsere Informantin auf, und verbrachten einige Zeit bei ihr. Da unser schönes Thema ja Kommunikation ist, finden wir, es zählt jede winzige Information, die ausgetauscht wird. Ob sie schlussendlich relevant ist oder nicht, ist ansichtssache. man kann aus vielem noch was ordentliches machen, nicht wahr?
Nachdem aber unsere Informantin erschöpft war, wechselten wir zum Auftraggeber. Einem mürrischen, ältern Herr, der den Eindruck erweckte als wolle er uns kleinen Tussis so richtig scheitern sehen. mit unserem Kampfgeist hat der Gute allerdings nicht gerechnet. Wie auch immer sie das geschafft hat, aber Isabel hat ihn innert wenigen Minuten handzahm gemacht. wir blieben geschlagene 1.5 Stunden bei ihm, und das Gespräch wurde enorm psychologisch und seeeehr persönlich.
Nachdem ihm die Bemerkung rausgerutscht war, dass Isabel und ich wie Gegenteile auf ihn wirken, war unsere Neugier natürlich geweckt, und liess sich konsequent nicht mehr vertreiben. Daraus hätte noch eine wunderschöne Diskussion entstehen können, Thema "Eigenbild-Fremdbild, und die 1000 km Distanz dazwischen!"
Unser Auftraggeber versprach uns, seinen Eindruck von uns beim letzten Kaffee zu erzählen. Ein Grund mehr, dem letzten Kaffee entgegen zu fiebern!
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