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Montag, April 30, 2007

better than hollywood

Ein guter Freund von mir ist seit zwei Jahren in eine Frau verliebt. Anfangs hat er es als Schwärmerei abgetan, aber die ist niemals abgekühlt, sondern stetig gewachsen. Allerdings war sie in einer langjährigen Beziehung, und seine Chancen auf ein happy end sehr, sehr klein. Dass sie zudem auf der andern Seite des grossen Teiches wohnt, machte die Sache auch nicht einfacher.

Ich habe nicht die ganze Geschichte verfolgt. Was ich wusste war, dass sie immer ein bisschen in Kontakt waren. Mal ein e-mail, mal ein Telefongespräch. Sporadisch halt. Vor ca. 2 Monaten wurden diese seltenen Gespräche und e-mails immer häufiger und länger. Sie hatte sich von ihrem Freund getrennt (wann genau weiss ich nicht, warum auch nicht) und für ihn hatte es sowieso immer nur sie gegeben. Und plötzlich gab es noch etwas für ihn: Hoffnung.

Doch mit der Hoffnung wuchs die Angst. Die Angst, dass es schiefgehen könnte. Die Angst vor Verlust, die inbegriffen ist, wenn man etwas kostbares erhält. Und er war langsam aber sicher dabei, das kostbarste zu erhalten, das er sich überhaupt vorstellen konnte. Nur schon ihm zuzusehen fühlte sich an, als sei man selbst frisch verliebt.

Heute kam sie in die Schweiz. Die Frau, der er beim letzten Abschied als Kollegin "tschüss" gesagt hatte. Und die er heute, auf einen Schlag, als seine Freundin begrüssen würde. Da er mich, seit die Dinge ernster geworden waren, immer sehr ausführlich informiert hatte, war ich über alles bestens im Bild. Und mir sehr bewusst darüber, was dieser Moment für die beiden bedeutete. Wenn eine Beziehung entsteht, gibt es soviele kleine Momente die die ganze Welt anhalten können. Ein Blick in die Augen des andern, ein Lächeln, eine flüchtige Berührung. All diese Momente hatten sie, durch die räumliche Trennung nicht. Der eine Moment am Flughafen musste all das aufholen. Alle flüchtigen Berührungen aufkumuliert in eine gewaltige Umarmung. Die Unsicherheit beim ersten Kuss - soll ich oder soll ich nicht - dieser Moment der absoluten Angst und gleichzeitig der absoluten Anziehung, wie zwei Magnete. Nur, dass die Magnete hier bereits so stark waren dass sie fast explodierten!

Wenn sie schon all die kleinen Momente verpasst hatten, wollte ich irgend etwas tun, um ihnen wenigstens dieser wahnsinnig grosse zu verewigen. Fotografieren? Ich bin nicht gut genug, solche Emotionen angemessen einzufangen. Aber ein Film konnte ich drehen ... heimlich. Ich wollte diesen Moment nicht stören.

Ich sandte meinem Kollegen heute morgen um 7, gerade nach dem ich aufgestanden war, eine SMS mit dem Text "na, schon nervös? Ich bin grad vom Ausgang zurückgekommen und geh jetzt schlafen! viel spass ..:-)". Dann fuhr ich los.
Zuerst fand ich ihn nicht in der Menschenmenge am Flughafen. Obwohl ich wusste, nach was ich suchen musste, fand ich ihn nicht! Einerseits gefiel mir das gar nicht, andererseits fühlte ich mich so etwas sicherer. Er würde mich somit erst recht nicht sehen. Erst schoss ich doch noch ein paar Fotos, während er auf sie wartete. Einmal blickte er mich direkt an, und ich war mir sicher dass er mich erkannt hatte, doch er war offenbar völlig woanders mit seinen Gedanken, denn er reagierte überhaupt nicht. Danach war ich noch vorsichtiger.
Und dann kam sie! Ich stand praktisch genau vor dem Zollausgang und sah sie sofort. Er hingegen stand ca. 20m daneben und schielte in die komplett falsche Richtung. Argh!!! Und sie, entschlossen wie immer, marschierte strammen Schrittes weiter. Direkt an mir vorbei. Wie gross war die Versuchung, sie an der Schulter zu fassen, und ihr zu zeigen wo er war! In ihrem Gesicht standen Vorfreude, Erwartung, Unsicherheit und eine unglaubliche Spannung. Ich zog meine Dächlikappe tief ins Gesicht, fingerte an meiner Kamera, und raunte ihren Namen. Aus den Augenwinkeln bekam ich mit dass sie sich ruckartig umdrehte. Diskret drehte auch ich mich ab und verschwand ein paar Schritte nach hinten. Sie blieb stehen und sah sich um.

Ich stürzte mit der eingeschalteten Kamera auf zwei Leute in ihrer Nähe zu, und flehte sie an mir Deckung zu geben. Zuerst dachte sie wohl ich sei irgend eine Verrückte auf der Suche nach romantischen Szenen, die ich heimlich filmen konnte. Trotzdem gewährte sie mir das beantragte Asyl. Ich konnte kaum meine Hände ruhig halten, so aufgeregt war ich. Dann kam mein Kollege. Sie fielen sich in die Arme und schienen ineinander zu versinken. Ich zitterte und schniefte, und die fette Dame die mich hinter sich verstecken liess, quasselte auf mich ein. In meiner Verwirrung hatte ich sie auf Englisch angesprochen und sie rätselte darüber, woher mein Dialekt kam. Ich war viel zu ergriffen um irgend etwas sinnvolles von mir zu geben, und liess sie rätseln.
Ich filmte eine kleine Ewigkeit, immer das gleiche Motiv. Die beiden wollten sich gar nicht mehr loslassen!

Da meine Tarnung bis dahin so hervorragend funktioniert hatte, beschloss ich das Glück nicht noch mehr herauszufordern und machte mich unbemerkt aus dem Staub. Nach Hause, das Video zu etwas ansehlichem zusammenschneiden. Das Resultat ist eine Liebesszene, die mehr als Hollywoodreif ist. (Ich gebe zu, ich bin bei der Beurteilung etwas voreingenommen und sehr subjektiv :-))

Geben tu ich es ihm, sobald sie wieder abgereist ist und er vor Sehnsucht fast umkommen wird. Obwohl ich mich auf diesen Moment sehr freue, wünsche ich ihm, dass die Zeit langsam vorbei geht, damit er ganz viele der verpassten kleinen Momente mit ihr nachholen kann.


... Kleiner Nachtrag: Ich habs ihm gegeben. Er hatte Freude :-)