Basta Bari! Part I
Vor zwei Stunden bin ich zurückgekehrt von einem Ort, an dem Zeit nicht existiert. Keine Pläne gemacht werden, und einem Ort, der mehr aussieht wie die Kulisse eines Filmes als einer Stadt wo Menschen leben. Sant'Arcangelo in Süditalien.
Es ist zugleich malerisch wie auch trist, denn rund um das kleine Städtchen hoch oben auf einem Hügel ist alles braun und verdorrt. Nur ein paar Olivenbäumchen unterscheiden das Erscheinungsbild der Landschaft von einer Wüste. Die Hitze ist trocken und drückend, und verunmöglicht allzu schnelle Bewegungen oder grosse körperliche Anstrengungen jeder Art. Eine Dorf-Besichtigung ist deshalb tagsüber kaum durchführbar, und die vielen verwinkelten Gässlein und Treppchen und bleiben vorerst unentdeckt.
Doch sobald die Sonne hinter den Hügeln verschwunden ist, offenbart uns der Ort seine sanfte Seite. Alles erstrahlt im weichen Licht der alten Strassenlaternen, und die vielen Treppen sind dank den milden Temperaturen ohne grössere Probleme zu erklimmen.
Man hat das Gefühl man geht durch ein riesiges, offenes Haus. Überall sitzen die Anwohner auf wackeligen Holzstühlen vor ihren Häusern auf den Gassen, und die Wäsche ist zum trocknen kreuz und quer in Bogengängen und an Wäscheleinen zwischen den Häusern aufgehängt. Hier kennt scheinbar jeder die Unterwäschevorlieben vom Nachbar!
Grund dieses Ausfluges war die lang geplante Hochzeit einer alten Freundin. Sie Italienerin, erz-katholisch erzogen, ihr Mann halb Spanier halb Italiener, aber schweizerisch erzogen. Am 7.7.2007. Die Chancen, dass ein Mann den Hochzeitstag nicht vergisst, sind an einem solchen Datum wohl überdurchschnittlich gut.
In einer Gruppe von 10 Leuten machten wir uns am Donnerstag morgen um 5.30 Uhr pünktlich auf den Weg.
Leider hatte unser Zug Verspätung, so dass wir unseren Anschluss in Mailand verpassten, und eine längere Wartezeit in Kauf nehmen mussten. Mich wunderte das überhaupt nicht, genau das gleiche hatte ich schon einmal erlebt. Als ich von Mailand nach Rimini wollte. Damals nahmen wir eben den nächsten Zug, was allerdings zu Problemen führte wegen der Sitzplatzreservierung. Sämtliche Züge in Italien scheinen stets bis auf den allerletzten Platz ausgebucht zu sein!
Für die Fahrt nach Rimini mussten wir darum im Gang Platz nehmen. Gut, für 4 Stunden ist das mühsam, aber machbar.
Dieses Mal mussten wir sehr viel weiterfahren als Rimini. Und wer hätte es gedacht, natürlich gab es keine freien Sitzplätze mehr!
In Italien macht man es dann halt so, dass man nach einem Halt schaut, welche Plätze noch frei sind, und sich vorübergehend dort niederlässt. Beim nächsten Halt steht man wieder auf, wartet, ob die Plätze besetzt werden, und sucht sich unter Umständen wieder einen neuen, bzw. wechselt in den Gang oder sonst wohin.
Wir mussten sage und schreibe 6 Mal unsere Plätze wechseln in den 9 Stunden Fahrt nach Taranto. Letzten Endes fühlten wir uns in dem Zug schon fast zu Hause weil wir mit jedem Winkel vertraut waren.
Um 01:30 Uhr erreichten wir unsere Herberge im Nachbarsdorf von Sant'Arcangelo. Trotz Müdigkeit wurde noch ein bisschen gefeiert, zusammen mit Braut und Bräutigam. Dann um 3 Uhr ins Bett. Ich fiel in einen komatösen Schlaf.
Morgens um 6 war aber bereits Schluss mit lustig, denn ich hatte mich, italian-like, für den Friseur angemeldet. Es herrschte Hochbetrieb. Da ich kaum italienisch verstehe und erst recht keins spreche, musste ich einfach abwarten, was mit meinem Kopf geschehen würde. Das Ergebnis hätte Madonna neidisch gemacht. Stephan Raab hätte sie als "abverreckte Intimfrisur" beschrieben, glaube ich.
Bei der Braut zu Hause schloss ich mich im Bad ein während die anderen einen Apéro genossen, und werkelte selbst noch etwas an meiner Frisur rum. Dank gebührt den Haarklammern!
Danach wurden wir sofort in die Kirche transportiert, um den einzigen fixen Zeitpunkt einhalten zu können: Die Zeremonie.
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