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Donnerstag, Juli 12, 2007

Basta Bari, Part II

Die Zeremonie lief etwas anders als in der Schweiz. Der Bräutigam wurde allein zur Kirche gebracht, und musste dort warten, während die Braut erst mit ca. 200 Hochzeitsgästen im Schlepptau durchs halbe Dorf laufen musste. Er sah sie meiner Meinung nach schon viel zu früh! Wenn das mal kein Unglück bringt …
Da die ganze Messe auf italienisch gehalten wurde, bekam ich recht wenig davon mit. ich verpasste sogar das "ja! ich will!" Irgenwann, als ich gerade weiss-ich wo war mit meinen Gedanken, sagte die Braut nämlich laut und deutlich "SI". Oh Schande, Zeit zum rührselig werden, und ich war gerade dabei, den wesentlichsten Teil zu verpassen! Der Pfarrer richtete auch an den Bräutigam eine Frage, und ich atmete auf. Meinem armseligen italienisch zu Folge hatte er irgendwas ganz, ganz anderes gefragt. Auch der Bräutigam sagte "si" und ich war in Gedanken schon wieder weg. Am Warten, auf die richtige Frage. Es kamen aber überhaupt gar keine weiteren Fragen. Auch nicht die, ob irgend jemand einen Einwand gegen diese Ehe hatte. Statt dessen viel anderer Lärm um Nichts: Ein Handy klingelte, Kinder schrien, draussen vor der (offenen) Kirchentüre lachten und kreischten Menschen, Leute flüsterten in der Kirche, der Messdiener gaffte wollüstig in den Ausschnitt einer leicht bekleideten Dame, und der Pfarrer giftelte gegen die Spanier, weil sie Schwule dulden. Ich war schwer beschäftigt mit zuschauen und hören, so sehr, dass ich schlussendlich auch noch das Austauschen der Ringe verpasste.

Nach der Hochzeit stürmten alle Gäste hinaus und standen Spalier. Doch das Brautpaar kam und kam und kam nicht!
Erst wurden in der Kirche noch Fotos gemacht. Die Schatten wurden immer kürzer, und der Durst immer grösser, doch bei 200 geladenen Gäste sind die Fotos nicht so schnell im Kasten.
Als sie dann endlich raus kamen, wurden sie mit kiloweise Reis beworfen. Die kleinen weissen Körner waren einfach ü-ber-all. Was anfing als *der Pöbel gegen das Brautpaar*, artete schnell aus in eine Schlacht ums Nackte überleben. Jeder schmiss jedem seinen Reis an!

Nachdem der hinterst und letzte der Hochzeitsgesellschaft mit Reis überhäuft geworden war, und so die Fruchtbarkeit der gesamten Gesellschaft ins unermessliche gestiegen sein muss, stand erneut ein Marsch durchs Dorf an. Dieses Mal angeführt von Braut UND Bräutigam zusammen. Die Sonne knallte vom Himmel und veranlasste die Gäste, so schnell wie möglich in die überhitzten Autos zu steigen und zum Restaurant zu fahren, wo das Gelage weitergehen sollte.

Nach einem kurzen Apéro in einem wunderschönen kleinen Park wurde der Saal geöffnet, und wir konnten uns in kühles Gewölbe begeben. Von 14 Uhr bis 24 Uhr wurde gegessen, getanzt, gesungen und getrunken.
Das Brautpaar verschwand mal für einige Stunden, und ich hoffe sie haben nicht nur Fotos gemacht in der Zeit. Auch die andern Gäste verstreuten sich ein bisschen in der Gegend, und als alle zurückkamen um 20 Uhr waren sie alle umgezogen. Die festlichen Roben getauscht gegen weisse, bequeme Leinenkleider oder schlicht und einfach Jeans. Nur die Schweizer-Truppe hatte weder eine Ahnung, dass man das so machen darf, noch überhaupt eine Möglichkeit dazu gehabt – denn unsere Herberge war weit entfernt, und wir unmobil. Die Wartezeit überbrückten wir im Park des Restaurants, wo ein kleiner Teich mit einer Holzbrücke darüber war. Sehr romantisch, und ideal zum abkühlen. Ich stand da mit meiner Kollegin, und beide lehnten sich ans Brückengeländer. Das vermeintliche Holzgeländer gab ohne zu zögern sofort nach, als wäre es aus Gummi und um ein Haar wären beide rückwärts in den Teich geflogen. Mit einem weissen Kleidchen an hätten die andern Gäste nachher höchstwahrscheinlich die helle Freude an mir gehabt.

Um 24 Uhr schloss das Restaurant seine Pforten. An ein Ende der Völlerei war aber trotzdem bei weitem noch nicht zu denken! Wir verschoben uns etwa zu 30-igst in die Wohnung der Braut-Eltern, und dort wurden Spaghetti gekocht. Ah, endlich was essen, es waren bestimmt alle furchtbar ausgehungert …
Um 4 war dann aber auch dieser Teil der Feier beendet. So vollgepackt dieser 22-Stunden Tag war, so öde muss die Hochzeitsnacht gewesen sein!

im nächsten und letzten Teil: Tote Fliegen und das Heimfahr-Disaster!