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Montag, Oktober 23, 2006

candles in the wind

Ich bin ueber meine Heimweh Krise hinweg, und es ist wieder alles beim alten, sprich i.O.

Allerdings hat Australien ein bisschen seinen Glanz verloren fuer mich. Die letzten drei Wochen als Kellnerin waren sehr, sehr intensiv. Ich habe hunderte von Menschen gesehen (das Restaurant hat ca. 150 Sitzplaetze, ich uebertreibe also nicht mit den hunderten) und einiges ueber Mentalitaeten, Menschen und Sitten lernen koennen.
An fast jedem Abend gab es durchschnittliche Kunden, ganz schlechte sowie auch ganz ganz tolle. Die durchschnittlichen zeichnen sich dadurch aus, dass sie kommen, freundlich sind, essen, und gehen. Die ganz schlechten kommen, haben an absolut allem etwas auszusetzen, und dampfen dann mit 180 wieder ab nach dem Essen.
Die fuer meinen Geschmack guten sind die, die respektvoll mit den Kellnerinnen umgehen. Die sich bedanken wenn sie ihr Essen erhalten, oder ihnen Wasser nachgeschenkt wird. Die, die im besten Fall sogar ein Gespraech anfangen, und im noch besseren Fall zu Kollegen werden.

Und dann gabs noch einige ganz wenige Kunden, die mich absolut umgehauen haben. Von denen ein Blick, ein laecheln genuegte, um mich wirklich gluecklich zu fuehlen.
Das waren bis jetzt zwei aeltere Herren, beide in Begleitung ihrer Ehefrauen, sowie ein Eherpaar.
Die beiden aelteren Herrn hatten eines gemeinsam: Sie strahlten eine Ruhe und eine Wuerde aus, an die kaum jemand herankommt. Beide behandelten ihre Ehefrauen mit soviel Respekt und Liebe, und brachten gleichzeitig mir gegenueber so viel Charme und Witz auf, dass ich sie einfach nur gern hatte. Den einen haette ich vom Fleck weg geheiratet, waere er 30 Jahre juenger und Single!
Das Ehepaar eroberte mein Herz als ich ihnen ihre Speisen brachte, und dafuer die Kerzen auf dem Tisch verruecken wollte. Es war ein windiger Abend, und sie sassen nahe beim Ausgang, wo es ein bisschen zog. Offenbar hatten sie ihre liebe Muehe, die beiden Kerzen brennen zu lassen, denn der Wind blies sie immer und immer wieder aus. Also hatten die beiden eine Art Schutz gebaut, aus ihrer Handtasche und seinem Portemonnaine.
Nachdem sie meine Kerzen-Verrueck-Aktion wehement verhindert hatten, sah mich das Mann an, laechelte und erklaerte "we're taking care of them". Das traf mich mitten ins Herz.

Nachdem die meisten Australier den Eindruck erwecken, immer super-easy und cool drauf zu sein, sich um nichts Sorgen machen und ueber-cool ist, war es enorm schoen jemanden zu treffen der sich sogar um ein paar Windlichter sorgt.

Abgesehen vom 24x7 Coolsein sind die Australier genauso wie ihre isolierte Insel: Ein Fall fuer sich. Ihr Humor ist aehnlich dem britischen, aber sie kennen glaube ich den Ausdruck "unter der Guertellinie" nicht.
Ihr Aussehen wird im Film "Lord of the Rings" ziemlich treffend wiedergegeben, hier wimmelts von Hobbits. Die, die keine Hobbits sind, sind absolut riesig. Stil und Anstand (wie es Europaer empfinden), gehoeren nicht zur Allgemeinbildung, und die Frauen tragen praktisch kein Makeup. Laut meinen maennlichen, nicht-australischen Kollegen wuerde es ihnen aber ausserst gut tun.
Australische Maenner haben bei saemtlichen Frauen (INKL. Australischen!) die ich kennengelernt habe, absolut verloren. Wenn ein gutaussehender Mann auftaucht, ist er mit grosser Wahrscheinlichkeit kein Australier. Wenn der gutaussehende Mann dann auch noch Anstand hat, dann ist er mit Sicherheit nicht von Australien.

Bestaetigt fand ich auch meinen Eindruck vom Umgang mit Backpackern: Die meisten sind den Australiern ein Klotz am Bein, und werden geduldet weil sie Geld ins Land bringen. Sie werden von den Australiern umgangssprachlich jobba oder jabba (Taugenichts) genannt. Das finde ich doch recht hart, wenn man bedenkt was Australien fuer einen Ruf geniesst, und wieviel Profit sie tatsaechlich machen mit den Backpackern. Ausserdem ist das Land von Kopf bis Fuss auf Backpacker eingestellt, und macht ziemlich viel Werbung fuer diese Touristengruppe.

At the end of the day ... ich nehme den Australiern ihre "always easy going"-Mentalitaet nicht mehr ab. Fuer meine letzten Tage in Brisbane versuche ich, rauszufinden was sie wirklich denken, wenn sie sagen "don't bother"! Zielgruppe: Meine Restaurant-Leute. Potential: enorm.
Die immer gestresste Kellnerin Leanne ist bereits am aufbrechen. Nachdem sie gestern rumgebitcht hat, und sich dann fuer ihr Verhalten entschuldigt hat, indem sie sagte "I am the Nazi" fiel mir die Kinnlade runter. Wir hatten eine recht heftige Diskussion darueber, ob und wie man das Wort brauchen kann/darf/soll. Nachdem ich meinen Standpunkt sehr, sehr klar gemacht hatte, war kurze Zeit ruhe, und dann fing sie ploetzlich an, eine andere Seite an sich zu zeigen. Am Ende des Abends wollte sie darueber diskutieren, was es bedeutet wenn ihr Freund sie wie ein Hund behandelt. Oh please don't tell me that! Sofort von weiss auf schwarz ist eine Spur zu schnell fuer mich. Ich hoffe bei den andern finde ich einen Mittelweg.