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Dienstag, Dezember 19, 2006

aus-gedacht

Als ich anfing zu studieren, hatte ich gewisse Vorstellungen vom Leben nach dem Studium. Dachte, ich sei jemand nachher. Dachte, die Jobs fliegen mir nur so zu, sah mich als Managerin und weiss ich was alles sonst nocht. Jetzt, wo ich dort angekommen bin, hat es sich ausgedacht. Die Realität sieht ein kleines bisschen anders aus als in meinen ehemaligen Vorstellungen. Das Erstaunende daran: ich finde es gut, so wie es ist!

Direkt nach meiner Lehre war ich steif und fest davon überzeugt, nie mehr einen Schritt über die Schwelle eines Schulhauses zu machen, wenn der Grund dafür bildungstechnischer Natur wäre. Ich war dermassen gegen unser Schulsystem, das weitgehend Noten nach Beliebtheitsskala verteilte und äusserst korrupt war. (Hier möchte ich anmerken, dass der Rektor meiner KV-Schule schlussendlich wegen Bilanzfälschung suspendiert wurde ...)

Ich war gottenfroh, endlich in die Arbeitswelt entlassen zu werden, und mich nicht mehr ab meines Ermessens unangemessenen Noten und katastrophalen (Englisch-)Lehrer ärgern zu müssen.

Nachdem ich angefangen hatte zu arbeiten, musste ich relativ schnell der Realität ins Auge blicken: Entweder ich ging studieren und öffnete mir mit dem Diplom türen, oder ich arbeitete mich langsam und mühselig, Stufe um Stufe hoch. Da ich als Sekretärin eingestiegen war, hätte ich ziemlich viele Sprossen hochklettern müssen, bis ich einen befriedigenden Posten gefunden hätte. Als Kosten-Nutzen-Maximierer entschloss ich mich für drei Jahre Studium, da dies der direktere Weg zum Ziel zu sein schien.

Ich hatte Anfangs die grösste Mühe, mich an das ganze Zuhören, und vorallem an den nicht-eintreffenden Lohn Ende Monat zu gewöhnen, aber irgendwie klappte es doch. Zwar war ich wieder der subjektiven Notengebung und all diesen üblen Dingen ausgesetzt, aber ich hatte ja ein klares Ziel: den Fötzel, auch Diplom genannt, der mir die Türen zu einem angenehmen Job und materiellem Wohlstand öffnen sollte.
Ich begann, die guten Seiten am Studentenleben zu sehen, freute mich aber trotzdem sehr, bald wieder in die Arbeitswelt zurückkehren zu können. Und dort all meine Vorstellungen vom Leben erfüllen zu können. Toller Job, guter Lohn, eigene Wohnung, Schicki-micki und pi pa po.
Doch je näher das Studienende rückte, desto mehr beschlich mich die Vermutung, dass sich danach nicht wirklich viel an meinem Lebensstil ändern würde. Und ich wusste auch gar nicht mehr, ob ich das überhaupt wollte. Denn trotz allem lernen, lebte ich doch ein ziemlich friedliches, und sehr selbstbestimmtes Leben. Dazu kam, dass die meisten Jobsuchenden nicht so erfolgreich waren, wie sie es sich vorgestellt hatten.
Alle, die Wirtschaftsprüfer werden wollten, bekamen zwar tatsächlich Jobs nachgeschmissen, alle andern gingen mehr oder weniger lange leer aus.
Und als meine Freunde und Kollegen dann den langersehnten Job angetreten hatten, wurden die meisten todunglücklich. Weil sie sich alles sehr, sehr anders ausgedacht hatten.
Zwar ist es im Moment für alle eine etwas unsanfte Landung in der Realität, aber so wies aussieht, tut das den meisten (inkl. mir) ganz und gar nicht schlecht. Es tun sich neue Wege auf, die offengesagt viel interessanter sind, als die ursprünglich geplanten. Die Studienzeit war eben DOCH äusserst friedlich ...