Ho Chi Minh City, oder Saigon im Allgemeinen
Gleich nachdem ich mein Visum bekommen habe, bin ich zu Jenny ins urspruenglich gebuchte Hotel gefahren. Besser gesagt, ich versuchte es. Ganze dreimal bin ich dran vorbei marschiert, mit saemtlichem Gepaeck im Schlepptau. Ho Chi Minh City ist kaum mit Worten zu beschreiben. Es ist Alles und Nichts. Am ehesten wohl vergleichbar mit einem riesen Ameisenhaufen, wobei sich die Ameisen mehrheitlich auf Scootern bewegen. Wenn man mit dem Taxi unterwegs ist, schliesst man besser die Augen, denn wenn man sieht wie sich die autofahrer durch die Massen von Scooterfahrern manoevrieren, grenzt es an ein schieres Wunder, dass nicht saemtliche Autos voller Beulen sind.
Die Strassenueberquerung zu Fuss ist unterschiedlich gefaehrlich. Jenny emfand als Selbstmordtauglich, ich hatte nie auch nur das geringste Problem ueber die mehrspurigen Strassen zu gelangen. Diese Diskrepanz in der Wahrnehmung ist relativ einfach nachzuvollziehen: Jenny ist gebuertige Chinesin, und sieht deshalb aus wie eine Einheimische. Darum wird sie so behandelt. Und in Asien scheint das Individuum nicht allzu viel wert zu sein ... Ich jedoch steche aus der Masse, wie ein Elch aus einem Rudel zierlicher Rehlein.
Und welcher Auto- bzw. Scooterfahrer der bei Trost ist, faehrt freiwillig in einen Elch?
Nebst dem Ameisenhaufenartigen Treiben hat Ho Chi Minh City selbst nicht allzuviel zu bieten. Es ist riesig, furchtbar Laut (die lieben die Hupe, diese Vietnamesen!!!) und auf jeden Fall eindruecklich. Doch auch sehr anstrengend. So viele Leute auf einen Haufen, und was ich ganz schrecklich fand, so viele Krueppel. Das war zu viel fuer mich. Es gibt keine staatliche Unterstuetzung fuer Leute, die mit einer Behinderung zur Welt kamen. Es gibt keine Altersvorsorge, und Banken existieren kaum. Die Leute haben, was sie eben gerade haben, Punkt. Die einzig moegliche Altersvorsorge sind die Kinder, wovon man vor dem Krieg ungefaehr 10 Stueck hatte, heutzutage aber nur nocht 3 bis 4. Zur Schule koennen weit nicht alle, und momentan kaempft Ho Chi Minh City gegen den Kinderstrich und die Drogenkriminalitaet.
Der Kampf ums Ueberleben ist knallhart, und das Land ist mausarm, was Geld betrifft. Jedoch reich an Wasser und Lebensmitteln, eine Nation von mehrheitlich Bauern. Und die Leute sind, selbst wenn sie noch so arm sind, wahnsinnig freundlich. Ich war erstaunt, wie unkompliziert das Zusammenleben zu funktionieren scheint.
Jenny und ich suchten einen Markt, und durchkreuzten dafuer Hinterstraesschen und Gebaeudekomplexe, durch die ein Weg zu fuehren schien. Zwischendurch stank es so absonderlich, dass ich ernsthaft Angst hatte, ich muesste auf der Stelle erbrechen. Dann wieder roch es wunderbar nach Raucherstaebchen, dann nach gebratenem Essen, und wieder nach irgenwelchem undefinierbarem Muell.
Etwas wirklich ekliges habe ich aber, auch nach sehr genauem hinsehen, noch nicht entdeckt. Was auffaellig ist, sind die Hunde. Nur junge Hunde, man sieht kaum ausgewachsene. Ich vermute darum, wenn sie mal gross sind werden sie geschlachtet und gegessen. Allerdings sehr zurueckhaltend, ich habe noch nirgends einen stichhaltigen Beweis dafuer gefunden. Auch noch nicht probehalber Hundefleisch bestellt in einem Restaurant, was ich auch weiterhin schoen sein lassen werde.
Eines der wenigen Worte, die ich sofort auf Vietnamesisch gelernt habe, ich deshalb "vegetarisch". Wortwoertlich uebersetzt heisst es "kein Fleisch". So halte ich mich an frische Fruechte, gebratenen Reis und Gemuese. Die Vietnamesische Kueche scheint aber keine allzu grossen Wert auf vielfaeltigkeit zu legen, meist schmeissen sie Fischsauce an die Gerichte, um ihnen Geschmack zu geben, und das wars. Die Vietnamesen essen rund um die Uhr, und zwar fast ausschliesslich im Sitzstand. Etwas, das die Westler kaum zu stande bringen. Auf der ganzen Fussballe stehend in der Hocke. Ich rolle sofort nach hinten, wenn ich das versuche. Schuld daran sind, laut einem vietnamesischen Reisefuehrer, die westlichen Toiletten, die uns faul machen ... Mit Beschreibungen gehen die Vietnamesen uebrigens nicht gerade zimperlich um. Sie nennen die Dinge beim Namen, wie unvorteilhaft auch immer der sein mag.
Touristen gibts in Ho Chi Minh City uebrigens eher wenige. Verstaendlich, die Stadt ist zwar durchaus sehr offen fuer Auslaender, und wird in ein paar Jahren das neue Bankgok, vielleicht sogar HongKong, aber ist jetzt noch eher etwas fuer HardCore Reisende. Die Leute, die hier herkommen, sind interessiert an Land und Kultur, aber bestimmt nicht an Club Ferien. Selbst in den Reisebueros sprechen die Einheimischen nur sehr schlecht Englisch, und auch wenn die Menschen, die hier leben, gluecklich zu schein seinen, - ich fand es zwischendurch wie gesagt kaum ertragbar, dem Elend zuzusehen. Dem, was ich Elend sage ... Ich wuerde zu gern wissen was diese Menschen ueber mein Leben denken.
<< Startseite