Diplomarbeit zum 6ten
Zum Glück hab ich mir gestern nicht den Kopf zerbrochen über die Kleiderfrage - ich hätte auch in Säcken gehen können, hätte niemanden gestört.
Und obwohl ich vorhatte, die Sau rauszulassen, wollte die nicht wirklich rauskommen. Nach einem Panache war ich angetrunken und als ich dann noch todesmutig zwei Samosas mit Fleisch gegessen hatte, wurde mir kotzübel.
Todesmutig, weil ich in Sachen essen sehr zurückhaltend bin. Einerseits weil ich Vegetarierin bin, und andererseits weil ich schlicht und einfach langweilig bin. Ich gehöre zu den Leuten, die im Restaurant immer das gleiche bestellen. beim Italiener wäre das Pizza Funghi, beim Asiaten Rotes Thai-Curry. Beim Mexikaner überbackene Nachos und Fajitas. In allen andern Restaurants bin ich mit dem Angebot überfordert.
Kürzlich waren Isabel und ich zu Besuch bei einer Dozentin, die uns bei unserer Diplomarbeit helfen wollte. Plötzlich stand Isa auf, ging zum Mülleimer, bückte sich und liess ihren Kaugummi reinfallen. Das sah aber nur ich, weil ich direkt neben dem Kübel sass. Die Dozentin starrte Isabel genauso schockiert an wie ich, und fragte "brauchen Sie etwas?" Ich dachte sie wolle uns einen Kaffee anbieten, war aber nicht ganz sicher dass sie wirklich das meinte, und hakte nach. Kein Kaffeeangebot, sie dachte Isabel wolle sich in den Kübel übergeben.
Während des ganzen Meetings leuchtete der Kaugummi aus dem Kübel in einem neongrün vor sich hin und schien mich anzustarren.
Ich war fassungslos. Nie im Leben würde es mir in den Sinn kommen, meinen ausgespuckten Kaugummi so offensichtlich zu platzieren. Ich würde ihn verstecken. Dreck und Abfall wird aus meinem Blickwinkel so gut wie möglich ausgeblendet.
Als ich Isabel nachher darauf ansprach, fing sie laut an zu lachen und sagte, ich sei wie Monk. Obwohl ich kurz zu protestieren versuchte wusste ich, dass sie im Grunde genommen recht hat. Ich, der weltoffene, neugierige, grenzenlose Mensch bin im Herzen der grösste Bünzli den es gibt. Vertrage nicht mal Samosas.
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