Das Auto von nebenan
Nach ungefähr 100'000 Zug-Kilometern tritt ab heute, 13.00 Uhr MEZ mein persönliches Zeitalter des Automobils an.
Ich habe zugeschlagen. Ohne Vorwarnung. Ohne Rückversicherung und ohne gross Zögern. Ich kam, sah und kaufte! Und jetzt gehe ich es gleich holen, mein erstes Autöli!
Seit x Jahren will ich mir ein Auto kaufen. Die Zugfahrerei hat mich immer genervt, aber eigentlich wars doch auch sehr bequem, die Kosten vorhersehbar, und vor allem gabs immer was zu erleben. Es ist kaum zu glauben, wie viele Verrückte mit dem Zug unterweg sind! Reist man mit den ÖV, trifft man sie früher oder später ALLE!
Ausserdem kann man lesen, essen, aufs Klo gehen oder schlafen, und das alles auch noch im Rückwärtsfahren! Man versuche das mal in einem Auto ...
Trotzdem, ich hatte den dringenden Bedarf eines Gefährts, das immer und überall für mich zur Verfügung steht, und in das ich vor allem meinen ganzen Grümpel reinschmeissen kann, und mich nicht ständig wie ein Pack-Esel fühle.
Aber der Weg vom Pack-Esel zum stolzen Fahrer ist steinig. Denn bei einer solch grossen Auswahl, fällt die Entscheidung schwer. Mir jedenfalls, ich kann mich ja schon zwischen zwei Alternativen kaum entscheiden!
Ich sah also drei Möglichkeiten: 1. ich mache mich zum Experten was Autos betrifft, und kann nachher die Auswahl ganz locker per Ausschluss-Verfahren treffen.
Das wäre auch die Möglichkeit 2 gewesen, die meine Freunde für mich in Betracht gezogen haben: Alles, was ich interessant fand, kam für sie grundsätzlich nicht in Frage. Mit der Folge, dass ich nicht nur kein schlechtes Auto kaufte, sondern überhaupt keines.
Möglichkeit 3: ich höre auf meine Intuition und tu's einfach!
Das hab ich auch. Dazu meine Profiling-Kenntnisse hinzugezogen, und beim Probefahren gelauscht wie ein Luchs. Die Verkäuferin ist eine Krankenschwester - ein Menschenschlag, der gemeinhin nicht als grundsätzlich bösartig gilt. Die Chancen, von ihr gnadenlos über den Tisch gezogen zu werden, sind wohl geringer als wenn der Verfäufer ein mehrfach wegen Betrug vorbestraften und offensichtlich nicht zur Einsicht kommenden Krimineller ist.
Vorhälterinnen waren besagte Krankenschwester und, gemäss ihren Angaben, eine betagte Dame, die das Auto für kleine Besorgungen brauchte. Der Kilometerstand des Autos bestätigt diese Aussage. 100'000 für ein 11-jahre altes Auto!
Es ist ein kein Kombi, trotzdem bring ich mein Bike rein. Es hat CD-Player, Zentralverriegelung, ABS und Airbag, einen Mercedes-Like Einschlag und genug PS um einen Berg raufzufahren. Herrlich! Ach, und es ist blau. Was will man denn mehr?
Als ich heute morgen einem Arbeitskollegen von dem Auto erzählt habe, haben wir rausgefunden, dass es seiner Nachbarin gehört. Ich kaufe jetzt sozusagen und um eine Ecke rum das Auto von nebenan. Wie klein die Welt doch wieder ist.
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