Der Donnerstagmorgen begann exzellent. Bei einem ausgiebigen Fruehstueck, begleitet und unterhalten von Papageien, stimmte ich mich so richtig auf die kommenden zwei Tage ein. Sonne, Meer, Wind, Unbeschwertheit, grenzenlose Freiheit. Um 11 Uhr war es dann endlich so weit, wir konnten die PowerPlay betreten. Unser schwimmendes zu Hause fuer die naechsten zwei Tage. Das Schiff war beeindruckend. Enorm gross,
wunderschoen, und hatte alles, was das Herz begehrt. Mehrere Decks, von wo aus man die Aussicht geniessen konnte, einen Whirlpool, ein Home Cinema, Aussensofas, Innensofas, 5 Kabinen, und mehrere Betten in der Lounge. Nie im Leben haette ich gedacht, dass wirklich 20 Leute ohne Probleme darauf Platz haben.
Kurz nach dem boarden ging es bereits los, und wir befanden uns auf dem Weg zu unserem ersten Schnorkel und Tauchplatz, neben der Hayman Insel. Vom Schiff aus sah ich das selbe Bild wie vor 2 Jahren in Aegypten: Eine Meeresschildkroete, die ihren Kopf aus dem Wasser reckte um Luft zu schnappen. In Aegypten hatte ich keine Chance, naeher zu der turtle zu kommen, doch diesesmal gab es kein Halten mehr. Ich wollte zu ihr, so nah wie moeglich. Mit Schnorchel und Flossen ausgeruestet stuerzte ich mich zusammen mit den andern ins Wasser, und machte mich auf die Suche nach meinem Ziel. Erfolglos. Alles war wir sahen waren Fische und Korallen. Natuerlich wunderschoen, doch wenn man auf eine Schildkroete wartet, verblasst alles andere.
Nach einer Weile wurden die andern muede und kalt, und gaben die Suche auf. Ich konnte nicht. Ich war so nah! Unermuedlich schwamm ich weiter und versuchte sie zu finden. Dann fand sie mich. Sie kam auf mich zugeschwommen, mit ruhigen Flossenschlaegen, friedlich und neugierig, ohne Angst. Sie liess mich neben ihr schwimmen fuer 10, vielleicht 15 Minuten, moeglicherweise auch laenger. Ich vergass Zeit und Raum, bis die Schildkroete beschloss, wieder ins offene Meer hinauszuschwimmen und ich zurueckblieb.
Zurueck an Board sprang ich in den Whirlpool und waermte mich auf. Meine Haut roch nach Kokosnuss und Salzwasser, und ein wunderschoener Sonnenuntergang tauchte alles in ein sanftes Licht und verbreitete eine sehr romantische Stimmung. Bald darauf wurde es dunkel und da kein anderes Licht stoerte, waren die Sterne so klar sichtbar wie ich sie selten zuvor gesehen hatte.
Nach einem ausgiebigen Nachtessen, einer Diashow der Fotos des Tages und einem Film, lag ich
schliesslich muede in meinem Bett, ueber mir ein Dachfenster, durch das hindurch ich den Sternenhimmel sehen konnte.
Am naechsten Morgen wurde ich durch heftiges Schaukeln geweckt. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff wo ich war, und den Grund fuer das Schaukeln erkannte. Meterhohe Wellen. Fast wurde ich vom Bett geworfen, und von einem flauen Gefuehl in der Magengegend angetrieben, beschloss ich mein Bett lieber zu verlassen und das Spektakel von Deck aus zu geniessen. Wir befanden uns zwischen Hook Island und Whitsunday Island, dem einzigen Ort, wo es etwas wilder war. Zum Glueck war das Schaukeln vorbei, bevor sich das flaue Gefuehl in meinem Magen ausbreiten konnte, und bald darauf genossen wir ein himmlisches Fruehstueck. Danach hiess es, einsteigen ins Gummiboot und ab an den Strand. Nicht irgend ein Strand, sondern einer der beruehmtesten Straende der Welt: Whitehaven beach. Vor uns erstreckte sich ein kilometerlanger Sandrstrand der so weiss und fein war wie Mehl. Der Sand ist tatsaechlich der weisseste der Welt, und von dem was ich bis jetzt gesehen habe auch der feinste. In Ufernaehe schwammen kleine Haie und Rochen, und als ich von meinem Badetuch aufblickte, sprangen fliegende Fische aus dem Wasser, wie eine Delphinparade.
(Bild nicht von mir)
Nach dem obligatorischen Fotoshooting machten wir uns auf zu einem Aussichtspunkt ca. 30 m oberhalb des Strandes, um die atemberaubende Aussicht in ihrer ganzen Pracht zu sehen. Eines der meistfotografierten Sujets von Australien, und ich verstehe, warum. Das ist es, was ich Paradies nennen wuerde.
Zurueck an Board gab es ein kurzes Mittagessen, dann war wieder Schnorcheln angesagt. Sobald wir an der Boje angelegt hatten, kamen hunderte von farbigen Fischen um das Boot auf Nahrung zu inspizieren. Sie wurden nicht enttauscht, wir fuetterten sie mit Brotkruemel. Unter den vielen eher kleinen Fischen war auch ein riesiges Tier: George. Ich muss noch rausfinden, was das genau fuer eine Rasse war, (Vorschlaege wilkommen!). Zusammen mit einem abenteuerlustigen Kanadier schwamm ich mit George eine ganze Weile herum, boese gesagt haben wir ihn gejagt, nett ausgedrueckt hat er uns sein Revier gezeigt. Ich bevorzuge Variante 2. Irgendwann hatte aber auch George genug, und ich wollte nicht weiter vom Boot weg. Also zurueck und zum naechsten Spot. Wir ankerten weit weg von Strand und Riff, um uns nichts als tiefblaues Wasser. So schoen es auch ist, so sehr habe ich Angst davor. Trotzdem wollte ich schnorcheln gehen, doch kaum riskierte ich einen Blick unter die Oberflaeche und erblickte nichts als endloses blau, ergriff mich die totale Panik, und innerhalb von Sekunden war ich zurueck an Board. Jedesmal wenn ich dieses blau in echt sehe, kommt mir das Kinoplakat von "der weisse Hai" oder sonstigen Idiotenfilmen mit Haien in den Sinn, und ich flippe aus. Ich kann nicht. Nicht solange ich sehe, dass da nichts ist! Wenn ich angegriffen werde, dann bitte unbemerkt. Also habe ich Tauchmaske und Schnorchel an Board gelassen, und bin mit geschlossenen Augen zurueck ins blau gesprungen. Es war gut fuer eine Abkuehlung, aber lange blieb ich nicht drin.
An Board habe ich mich in mein Buch vertieft, mich im Whirlpool aufgewaermt und das Essen genossen. Abends war es ziemlich windig und kuehl, ein Sturm zog auf. Mitten in der Nacht brach er aus, und ich wurde durch den prasselnden Regen geweckt. Ich liebe es, wenn es draussen regnet waehrend ich in meinem warmen Bett liegen kann, aber wenn das Bett noch schaukelt, das ist das Maximum!
Heute morgen weckte mich die Sonne um 5 Uhr, und weil das Meer so unglaublich ruhig war, konnte ich mich ueberwinden, aufzustehen um ein paar Fotos zu machen. Ich war vielleicht eineinhalb Stunden wach, bevor ich mich wieder in mein Bett verkroch. Die ersten Taucher machten sich bereit, und ich sah ihnen mit einem Auge zu. Ploetzlich kam Stu, der Tauchlehrer, zu mir rueber und fragte "Vanessa, willst Du heute tauchen?" Ich murmelte schlaftrunken "mmhmmmm". Stu sagte: "also komm, wir gehen!" Normalerweise brauche ich sehr, sehr lange bis ich wach bin, bis mein Hirn auf eine brauchbare Weise denkt. Stu's Einladung zum Tauchen verhalf mir zu einem wahren Kickstart. Ich kann kaum glauben wie schnell ich umgezogen war und die Ausruestung zusammen hatte. Und wie nervoes ich war. Stu wusste von meiner Ohr-Vergangenheit, und hatte versprochen es langsam angehen zu lassen. Trotzdem war ich wieder nahe am ausflippen. Endloses blau, atmen durch das Mundstueck, ausatmen unter Wasser, darauf vertrauen dass neue Luft in die Lungen stroemt, dass nichts versagt, und im Hinterkopf die Stimme des Hals-Nasen-Ohrenarztes, der sagt "Du wirst nie mehr tauchen koennen, wenn Du es versuchst, riskierst Du eine Hirnblutung" verhalfen mir nicht zum entspannen.
Ich musste alle Willenskraft und Ueberzeugung aufbieten, um mich zu beruhigen. Schlussendlich siegte ich ueber meine Angst, und liess mich sinken. Ich hatte Probleme erwartet, doch nichts geschah. Es war, als haette nie ein Unfall stattgefunden. So sehr ich mich auch konzentrierte, da war kein Schmerz, und ich entspannte mich zunehmend.
Obwohl Wolken die Sonne verdeckten und die Sicht nicht gerade berauschend war, obwohl es ein Stroemungstauchgang war und ich sehr stark gegen die Stroemung schwimmen musste, war es ein sensationeller Tauchgang. Die Vorstellung, was ich jetzt wieder alles machen kann, versetzte mich in Euphorie. Und die Tatsache, dass ich am Great Barrier Reef tauchte, war auch ziemlich cool.
Den Rest der Zeit an board verbrachten die meisten schattensuchend, weil sie stark verbrannt waren, und ich las weiter in meinem Buch. Immer noch auf meinem absoluten Hoch, das bis jetzt anhaelt.
Dieser Trip war das Schoenste, was ich bis jetzt gemacht habe in Australien.
Einige meiner Fotos findest Du
hier